#017 Risiken von ETFs

Es geht weiter mit der Serie zu den Hörerfragen, die mir gestellt wurden. Heute mit dem Thema ETF Risiken, sowohl allgemeine als auch spezielle Risiken die andere Wertpapiere vielleicht nicht haben. Im Internet findet man da wahnsinnig viel Zeug zum Thema. Wobei ich sagen muss, das meiste halte ich für unnötig, was da diskutiert wird. Ich würde das trennen in wirklich nennenswerte und elementare Risiken und in eher theoretische Risiken, wo es schon eher in die Philosophie und Glaubensfragen hineingeht.

Elementare Risiken

Starten wir mit elementaren Risiken, die jedem bewusst sein müssen, bevor er oder sie zum Investieren anfängt.

  1. Marktrisiko oder auch Kursrisiko (das wirklich entscheidende Risiko)

Darunter verstehe ich, dass meine Anlage Schwankungen unterliegt. Das kann mal mehr sein, mal weniger. Das hängt extrem davon ab, wie ich mein Portfolio aufbaue, welche Länder habe ich drinnen, welchen Anteil an Small Caps, an Emerging Markets, vielleicht sogar an spekulativen Investments wie z. b. Russland. Vor allem kommt es darauf an, welche Assetklassen, also welche Anlageklasse ich kaufe. Anleihen-ETFs schwanken natürlich nur einen Bruchteil so stark, wie Aktien-ETFs. Darüber habe ich in der Folge 7 gesprochen, wie du die Sicherheit beim Investieren erhöhst. Da haben wir auch über die Schwankungsausmaße gesprochen. Darüber muss man sich vorher einfach informieren und das halte ich für DEN wichtigsten Punkt für jeden Anleger. Mit welchen Schwankungen muss ich im schlimmsten Fall rechnen und kann ich damit klar kommen? Und wie lange dauert es, bis ein Rückgang im Portfolio zum größten Teil wieder ausgestanden ist? (vgl. Historische Marktdaten) Grundsätzlich gilt, je mehr Anleihen ich beimische desto niedrigen werden die Schwankungen, aber auch die Erwartungsrendite sinkt. Und je mehr und sinnvoller ich mein Portfolio streue, umso weniger schwankt es auch.

  1. Währungsrisiken

Es muss einem natürlich klar sein, dass ein US-Aktienfonds/ETF für einen europäischen Anleger auch ein Dollar-Risiko in sich trägt. Wobei diese Schwankungen nicht ganz so enorm sind, wie die der Aktien selbst. Außerdem sehe ich das sogar eher also Vorteil, wenn ich nicht nur im Euro investiert bin, sondern in verschiedene Währungen weltweit.

  1. Länderrisiko

Ein Länderrisiko besteht dann, wenn man vorhat in Aktien zu investieren, die in einem Staat ansässig sind, der kurz vor der Pleite steht, in dem hohe Korruption herrscht, in dem es wenig Börsenaufsicht gibt oder an Börsen, an denen es wenig Liquidität gibt. Das sind sehr exotische Länder, aber mittlerweile gibt es auf fast alles einen ETF.

  1. Klumpenrisiko

Es entsteht, wenn ein Investment eine dominierende Stellung im Portfolio einnimmt. Also, wenn man in Einzelwerte investiert, ETFs übergewichtet, schlecht diversifizierte ETFs wählt, oder in Randbereiche investiert. Wenn man z. B. In bestimmte Branchen oder Indeces mit sehr wenigen Werten, wie etwa den DAX oder osteuropäische Märkte investiert. Dann kann es schon sein, dass 5 Werte die Hälfte von meinem ETF ausmachen, mit entsprechend hoher Abhängigkeit, ob diese gut oder schlecht laufen. Schaut daher darauf, wie ist der Index aufgebaut ist und welchen Anteil die Top 10 Werte im ETF ausmachen. Und dann schaut ihr am besten auch nochmal auf Depotebene darauf wie eure Gesamtstruktur aussieht, z.b mit dem Morningstar Xray-Tool. Das verwende ich auf selbst oft. Damit könnt ihr schauen, in welchen Ländern und Branchen ihr wie hoch investiert seid, wie hoch der Smallcap oder der Growth-Anteil ist, welches durchschnittliche KGV, KBV, KCV euer Depot hat und was die größten Werte im Depot sind. Vielleicht habt ihr in drei verschiedenen ETFs sich überschneidende Einzelwerte (Dubletten). z. B. Apple ist in verschiedenen Indices enthalten. Oder ihr habt eine bestimmte Branche über viele Länder hinweg übergewichtet. Das wären auch typische Klumpenrisiken.

Risiken von ETNs

Das waren die wirklich elementaren Fragestellungen. Jetzt kommen ein paar Punkte, die eher theoretischer Natur sind oder aus meiner Sicht ins philosophische gehen. Grundsätzlich ist ein ETF von der Struktur her ein ganz normaler Investmentfonds, geregelt nach dem Kapitalanlagegesetzbuch. Die Bafin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) beaufsichtigt die sog. Kapitalverwaltungsgesellschaften, das sind die Firmen, die die diese Fonds auflegen und verwalten, ob die diese Regeln befolgen. Anders als ein Zertifikat oder eine Schuldverschreibung ist ein ETF ein Sondervermögen. Dieser Begriff ist sehr wichtig, weil er bedeutet, dass –  auch wenn der Verwalter oder die KVG des Fonds pleitegehen sollten, das Vermögen vor dem Zugriff fremder Gläubiger geschützt ist. Es gehört also nur den Anlegern und das ist ein wirklich enormer Vorteil zu anderen Anlageformen, weil bei einem Zertifikat auf einen Index, wie den Dax oder den S&P 500 unterliege ich einem sog. Emittentenrisiko.

Das hießt ich bin abhängig von der Zahlungsfähigkeit des Herausgebers des Zertifikates, z.b. einer Bank. Wenn ich im ETF Bereich bleibe, gibt es auch da Ausnahmen.

Im Rohstoffbereich oder bei Hebel- oder Reverse-ETFs muss man dann wieder genauer schauen. Das sind nämlich keine ETFs im klassischen Sinne sondern heißen ETCs oder ETNs. Also Exchange Traded Notes oder Commodities und das sind, wie Zertifikate auch, unbefristete Schuldverschreibungen von einem Emittenten und kein Investmentsondervermögen. Also bitte darauf achten, ob man wirklich in einen ETF oder in einen ETC oder ETN investiert.

Wenn wir schon bei Hebel- und Rohstoff-ETFs sind, ich persönlich empfehle sie nicht und zwar aus den folgenden Gründen. Oft wurde ich schon gefragt, ob wir nicht einen ETF auf Rohöl kaufen sollen? Ich würde das nicht machen, weil man (meistens) einem sog. Rollverlust unterliegt. Man kann auch über einen ETF/ETC nur über Futures in Rohstoffe investieren (abgesehen von Aktien). Das sind Kontrakte die sich auf die Zukunft beziehen und diese werden jeden Monat in den dann gültigen Kontrakt gerollt. Dieses Rollen verursacht in den meisten Fällen einen Verlust. Man spricht vom Contango, wenn die in der Zukunft liegenden Kontrakte teurer sind, als die aktuellen. Bei Öl sind das teilweise 2% im Monat, also 24% Rollverlust im Jahr! Da müsste der Ölpreis schon enorm steigen, damit sich das noch lohnt. Das gilt für die meisten Rohstoffe. In einer Krise kann es dann auch mal zu einer Backwardation kommen, also einem Rollgewinn aber da muss man schon extrem dahinter sein, oder nur sehr kurzfristig investieren. Und das wäre dann schon wieder spekulieren, und das möchte ich keinem raten.

Kommen wir zu Hebel-ETFs – was machen die eigentlich genau? Sie hebeln das Anlageergebnis des jeweiligen Index. Also z. b. gibt es den DAX mit den Faktoren x2 oder x3. Also die doppelte oder 3-fache Tagesentwicklung wird abgebildet. Wenn der Dax an einem Tag um 1% steigt, steigt der Hebel-ETF um 2% oder 3%. Im ETF wird also sozusagen ein Kreditaufgenommen oder über Derivate gehebelt und das ist natürlich mit Kosten verbunden. Diese Kosten stecken i. d. R direkt in den investierten Wertpapieren oder Derivaten. Das sieht man also an der TER nicht direkt. Außerdem wird immer nur das TAGESergebnis vervielfacht. Das heißt es entsteht auch ein gewisser Zinses-zins Effekt. Wenn ihr also in Hebel-ETFs Investieren wollt, dann achtet bitte auf die langfristige Entwicklung und vergleicht das regelmäßig mit dem zugrundeliegenden Index. Und beachtet bitte, dass es sich um eine Note und meistens nicht um ein Sondervermögen handelt.

„Philosophische“ Risiken

Was sind weitere Risiken oder Eigenschaften von ETFs, die öffentlich diskutiert werden?

Das Anbieteroligopol und ihr Einfluss auf das Finanzsystem. Der Großteil des ETF Geschäfts verteilt sich auf drei Firmen. Das sind Blackrock, Vanguard und Statestreet. iShares ETFs sind aus dem Hause Blackrock. Wenn man sich die Inhaberstruktur der DAX Unternehmen anschaut, dann stellt man fest, dass Blackrock im Durchschnitt 3% an den Anteilen hält. Wenn ich selbst in eine Aktie investiere habe ich ein Stimmrecht auf der JHV. Wenn ich über einen ETF investiere, hat der Fondsanbieter mein Stimmrecht und kann es auch vertreten, also einen tatsächlichen Einfluss auf die Firmen nehmen. Oft wird auch geschrieben, dass die ETFs sich auch beim Stimmrecht passiv verhalten und es nicht wahrnehmen. Beides kann, aber muss nicht, zwangsläufig einen negativen Einfluss auf die zugrundliegenden Firmen haben. In Amerika halten Blackrock und Vanguard etwa 6-7% Anteil an den Schwergewichten. Ich meine, solange der Anteil nicht größer ist, ist der Einfluss überschaubar. Anders wäre es wenn ihnen ein viertel oder mehr gehören würde. Aber so weit sind wir noch nicht.

Ein letzter Punkt, den ich noch aufgreifen möchte ist, dass ETFs passive Investments sind. Passives Geld wird manchmal als “dummes Geld” bezeichnet, weil es keine aktiven Investmententscheidungen trifft. Ich möchte mich kurz fassen, da könnte man nämlich ewig diskutieren. Ich persönlich möchte nicht sagen, dass ETFs über jeden Zweifel erhaben sind und, dass ich blind der Meinung folge: „passiv ist gut und aktiv ist schlecht“. Aber in der Vergangenheit war es so, dass aktives Geld, das dumme Geld war. Warum das so war habe ich in der Folge #002 „kaufe keine Einzelaktien“ erklärt. Aktive Investmentfonds und Vermögenverwaltungen schaffen es so gut wie nie langfristig besser abzuschneiden, als ihr zugrundeliegender Index. Aber sowas kann sich auch mal wieder ändern und das muss man beobachten. Aktuell sehe ich das noch überhaupt nicht, aber es ist wie bei den Faktorprämien für Smallcaps oder Value Unternehmen. Als die Märkte noch extrem ineffizient waren und es noch kein Internet gab, z. b. in den 50er Jahren, waren die Prämien noch enorm hoch. Ich würde sagen 4-6% pro Jahr. Aber dieser Effekt hat über jede Dekade abgenommen und seit 1991, seitdem Eugene Fama diese Faktorprämien nachgewiesen hat und das zunehmend bekannt wurde nehmen diese Zusatzerträge auch stärker ab und je mehr Menschen einen bestimmen Vorteil nutzen, umso niedriger fällt er für den einzelnen aus, weil sie in unter sich aufteilen.

Und ich glaube so ist es auch bei den passiven Investments. Je mehr Leute passiv investieren, umso mehr nimmt der Effekt ab. Es gibt ja heiße Diskussionen darüber, wie hoch jetzt der ETF Anteil wirklich ist. Allgemein wird von einem Marktanteil etwa 20% bei Publikumsfonds gesprochen, also nur innerhalb des Fondssegments. Gerd Kommer z. b. geht aber von wesentlich weniger aus. Ich persönlich werde diese Diskussion und die Zahlen weiter verfolgen, ich denke aber nicht, dass das aktive Geld das passive Geld in absehbarer Zeit überholen wird.

Das soll es gewesen sein zu den ETF Risiken. Ein entscheidendes Thema habe ich dabei jetzt nicht angesprochen und zwar die Replikationsmethoden. Also ob ein ETF physisch oder synthetisch nachgebaut wird. Das möchte ich auf die nächste Folge vertagen.

Seid auch beim nächsten Mal wieder dabei, ich freu mich auf euch.

Euer Benedikt!

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